Orgelnacht – Vom Barock zu Elektronik
Fünf Orgelkonzerte in der nächtlichen Trinitatiskirche

21.00 · KONZERT III: PSALM-VERTONUNGEN DER ROMANTIK

Felix Mendelssohn Bartholdy (1809 – 1847)
Sonate III, A-Dur, op. 65 „De profundis“ 1. Con moto maestoso
2. Andante tranquillo

Antonin Dvorak (1841 – 1904) Biblische Lieder op. 99
1. Wolken und Dunkel
2. Du bist mein Schirm und Schild
3. Gott, höre mein Gebet
4. Der Herr ist mein Hirte
5. Gott, ich will dir ein neues Lied singen
6. Höre Gott mein Schreien
7. An den Wassern zu Babel
8. Wende dich zu mir
9. Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen 10. Singet dem Herrn ein neues Lied

Stefanie Wüst (Sopran) und Maria Bennemann (Orgel)

 

Zur Sonate op.65,3 von Felix Mendelssohn:

„Auf Drängen englischer Orgelfreunde komponierte Mendelssohn im Jahre 1844 eine Serie von 24 Orgelstücken, wobei er auch auf älteres Material zurückgriff. Die Stücke waren angekündigt als „School of Organ Playing“. Geplant war also ein didaktisches Werk, eine Art „Orgel-Büchlein“ von Mendelssohns Hand. Der englische Verleger Coventry & Hollier schlug vor, diese Stücke zu drei mehrsätzigen „Voluntaries“ zusammenzufassen, ein englischer Allerweltstitel für freie, nichtliturgische Orgelmusik. Mendelssohn behagte diese Bezeichnung nicht, sie schien ihm zu unbestimmt. Nach einer nochmaligen Überarbeitung ordnete er den Bestand neu und kündigte im Jahre 1845 dem Verlag Breitkopf & Härtel sechs Sonaten an, in denen er „niederzuschreiben versucht“ habe seine Art, „die Orgel zu behandeln und für dieselbe zu denken“.
Die Erscheinungsdaten von Mendelssohns opus 37 und vor allem der sechs Sonaten op. 65 sind Marksteine in der Geschichte der Orgelmusik. Mendelssohn war seit Bachs Tod der erste Komponist von internationalem Rang, der sich wieder ernsthaft mit der Orgel auseinandersetzte.“ (A.Schröder in Ars organi 3/2009)
Mendelssohn verarbeitet im ersten Satz der dritten Sonate den lutherischen Choral „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“, der seinerseits eine Übertragung des Psalms 130 ist.

Zu den 10 Biblischen Liedern von A. Dvorak:

Die Inspiration zu Dvoraks Zehn biblischen Liedern war ebenso wie beim Cellokonzert die Einsamkeit des Komponisten in Amerika, fern von seiner Heimat, seiner Familie und seinen Freunden. Dvorak war zwar Katholik, bezog die Texte für seine Psalmvertonungen jedoch aus der protestantischen tschechischen Bibel. Ebenso wie in der 9. Symphonie verbinden sich in seiner Musik traditionelle Kirchenharmonien mit gelegentlichen Andeutungen an Negro Spirituals und indianische Tänze. In den meisten dieser zehn Lieder wird die emotionale Ausdruckskraft weniger von den Singstimmen als von der Harmonik getragen . In Nr. 1 ist die Tonart G-Dur bis zum Höhepunkt, dem Aufjauchzen des letzten Verses, bewusst verschleiert. „Du bist mein Schirm und Schild“ lässt die chromatische Unsicherheit des ersten zweimal anklingen; das wesentliche expressive Mittel ist hier jedoch das Schwanken zwischen Dur und Moll. Nr. 3 kontrastiert eine herbe Einleitung in as-Moll mit einem sanft flehenden B-Dur beim Einsatz der Stimme. Die pastorale Bildwelt des 23. Psalms inspirierte den Komponisten natürlich zu der für ihn charakteristischsten Musik in diesem Zyklus. Auf einen Abstecher in die parallele Molltonart bei „und ob ich schon wanderte im finstern Tal“ folgt wieder das vorherrschende süße H-Dur. In Nr. 5 ist die Laute des Psalmisten (in der Introduktion und zwischen den einzelnen Versen) harmonisch abenteuerlicher als das „neue Lied“ selbst, das die Sicherheit des As-Dur nur kurz verlässt, um bald darauf mit einem emphatischen Lobgesang in diese Tonart zurückzukehren. Dvorak orchestrierte die ersten fünf Lieder im Januar 1895, neun Monate nach der Fertigstellung des gesamten Zyklus in der Klavierfassung. Nr. 8 ist harmonisch ähnlich interessant und entspricht mit dem Muster der Modulationen dem folgenden Lied, mit dem es offensichtlich als Paar konzipiert wurde. Assoziationen konventioneller Kirchenmusik fehlen schließlich ganz in Nr. 10, einem pentatonischen Tanz mit reizvollen stilistischen Anklängen an die Symphonie „Aus der Neuen Welt“, ein Stück von schlichter Harmonik und eingängiger Direktheit.“

 (D. Fischer-Dieskau aus einem Programmheft eines Konzertes in Kaufbeuren, 1965)


 

Stefanie Wüst, Sopranistin

Stefanie Wüst absolvierte neben ihrem Gesangsstudium an der Hochschule für Musik und Theater Köln bei Claudio Nicolai Meisterkurse, u.a. bei Edith Mathis und Gisela May. Bereits 1983 wirkte sie im Kölner Schauspielhaus in der „Dreigroschenoper“ (Regie: Jürgen Flimm) mit. 1989 gründete sie das KURZ­WEIL-Ensemble, das sich in unterschiedlichsten Besetzungen vor allem mit den Werken Kurt Weills und Hanns Eislers beschäftigte. 1993 erschien ihre erste CD (Kurt-Weill – a musical portrait) und sie führte als erste in Europa Weills lange verborgenen frühen Zyklus „Ofrahs Lieder“ auf. Neben ihrem aktiven Engagement für die Lieder von Weill, Eisler und Schoenberg spürt sie in vielen ihrer Programme den musikalischen Wurzeln anderer Komponisten nach. Ihr Interesse gilt im Besonderen dem Wort, dem klingenden Wort, welches in Tönen zu Emotion, Ausdruck und Geschichte wird. Sie ist eine singende Erzählerin. Gastengagements führten sie an das Anhaltische Theater Dessau und an das Opernhaus Bonn. Auch in 2015 konnte man Sie wieder an der Kölner Philharmonie hören und ab der Spielzeit 2015/16 fest an der Bonner Oper. Zu den Höhepunkten als Konzertsängerin gehören die Zusammenarbeit mit der Deutschen Kammerphilharmonie (2000 Live-Übertragung bei Radio Bremen) oder ihr Auftritt mit Liedern von Eisler und E. Nick im Herbst 2004 im Concertgebouw Amsterdam.

www.stefanie-wuest.com

 

Maria Bennemann, Orgel

Studium der kath. Kirchenmusik an der Musikhochschule Lübeck, Aufbaustudium an der Folkwanghochschule in Essen und von 1996 bis 1998 Studium Konzertexamen im Fach Orgel an der Musikhochschule Hamburg bei Prof. Kirn und Prof. Zerer. Teilnahme an zahlreichen Meisterkursen und Wettbewerben. 1992 Förderpreis der Stadt Goslar für „ausgezeichnete Fähigkeiten auf dem Gebiet der Musik“. Von 1994 bis 1997 Kantorin in St. Thomas Morus, Mettmann, von 1997 bis 2005 Kantorin in St. Johannes d. T. , Erkrath. Von 2005 bis 2015 freiberuflich tätig.

2010-2015 Leitung der Nachwuchschöre der Wuppertaler Kurrende.

April 2012-2014 Leitung der Velberter Kantorei und des Velberter Vocalensembles.

Seit 2015 Seelsorgebereichsmusikerin in Köln-Longerich und -Lindweiler, wo sie mit ihren Chören auch große Werke der Chorliteratur aufführt.

www.unisono-koeln.de

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